Comic? Graphic Novel? Was habe ich da vor mir?
Meistens kann man intuitiv einordnen, ob man einen Comic oder eine Graphic Novel vor sich hat. Doch wie bei allen eng miteinander verwandten Genres auch sind die Übergänge fließend.
„Comic für Erwachsene“ als Unterscheidung zu eher seichten Comics für Kinder und Jugendliche zieht nur bedingt, es geht nicht weit genug. Habibi von Craig Thompson ist bspw. anders einzuordnen als die Comic Reihen The Outcast und The Walking Dead von Robert Kirkman, und die noch wieder anders als die Comicadaptionen von Stephen Kings Der Dunkle Turm.
Trotzdem ist mit dem Punkt „für Erwachsene“ die Hauptsächliche Zielgruppe skizziert. Hinzu kommen weitere Unterscheidungsmerkmale:
- Graphic Novels brechen oft aus dem vom Comic tradierten Raster der kleinen Rahmen aus, z.B. durch großflächige oder ineinander übergehende Bilder
- Themen sind meistens ernster Natur
- Graphic Novels sind in der Regel Einzelbände
- Sie sind deutlich dicker als Comics
Diese Merkmale sind nicht in Stein gemeißelt. Persepolis von Marjane Satrapi hat einen zweiten Band, auch Comics brechen mal mit dem althergebrachten Raster, Graphic Novels sind nicht völlig humorlos und Comics wie Calvin&Hobbes mögen irgendwie immer lustig sein, haben aber meistens einen ernsthaften Kern.
Wer sind die und wenn ja, wieviele?
Auch wenn Graphic Novels auf Will Eisners Ein Vertrag mit Gott von 1978 zurückgeführt werden, bekam diese Literaturgattung erst 1992 weltweite Aufmerksamkeit. In diesem Jahr bekam Art Spielgelmans Maus den Pulitzer Preis. Spiegelman erzählt in seiner Graphic Novel die Geschichte seines Vaters, einem polnischen Juden, der erst die Besatzung der Nazis und später den Holocaust überlebte, bevor er in die Staaten kam. Ein besonderer Aspekt bei der Erzählung ist, dass die Juden als Mäuse und die Nazis als Katzen dargestellt werden.
Maus gehört inzwischen berechtigter Weise zur Weltliteratur. Diese Graphic Novel mag eine der schwerer zu verdauenden Vertreterinnen des Genres sein, doch sie ist in ihrer Erzählweise und Story einzigartig.
Die Auswahl an Graphic Novels ist inzwischen nahezu grenzenlos. Ob Krimi (Gift; In the Pines), Biografien (Johnny Cash; Anne Frank), Erfahrungsberichte (Lighter Than My Shadow; Die Rückkehrer), Weltliteratur (Der alte Mann und das Meer; Fahrenheit 451), historische Schlaglichter (Maus; Irmina)…das alles und so viel mehr gibt es in der Welt der Graphic Novels zu entdecken.
Die Verlagswelt trägt zu dieser Vielfalt bei. Carlsen hat ein Graphic Novel Programm, ebenso wie Egmont, auch wenn der Verlag sein Angebot zurückschrauben musste. Avant und Reprodukt sind auf Graphic Novels (und Comics) spezialisiert und verlegen spannende Werke, und Knesebeck hat eine beträchtliche Anzahl an illustrierter Weltliteratur im Angebot.
Und was passiert hier?
Im Laufe dieses Minispecials werden einige Graphic Novels in Rezensionen vorgestellt, es wird natürlich wieder eine Literaturliste am Ende geben, und im Laufe des Augusts gibt es sogar was zu gewinnen.
Lest ihr Graphic Novels? Welche ist euer Liebling? Oder seid ihr in diesem Genre noch jungfräulich?
Weitere interessante Artikel zum Thema
Der Kaffeehaussitzer zeigt seine Graphic Novel Sammlung, und ich erblasse ein wenig vor Neid
Auch vom Kaffeehaussitzer: Graphic Novel Werkstattbericht
Außerdem: 12 Graphic Novels für den Einstieg
Bisherige Rezensionen auf Die Bücherkrähe
Bradbury/Hamilton – Fahrenheit 451
Chris Duffy – Above the Dreamless Dead
Ellen Forney – Meine Tassen im Schrank
Sebastian Jung – Albert
Peer Meter – Vasmers Bruder
Peer Meter – Haarmann
Mary Talbot u.a. – Votes for Women
Barbara Yelin – Irmina
Schreibe einen Kommentar