Titel: Potions and Prejudice | Tee Harlowe | Verlag: self published
Worum geht’s
Die Hexen Elspeth Moonflower und ihre Schwestern haben durch einen Fluch ihre Magie verloren. Die einzige Möglichkeit, den Fluch zu brechen: Heiraten. Ohne Magie in den Witchlands zu leben ist illegal, und so befinden sie sich mit ihrer Mutter seit 12 Jahren permanent auf der Flucht, und ziehen von Ort zu Ort, werden sie entdeckt, drohen Verbannung oder Scheiterhaufen. In Thistlegrove haben sie einen Unfall mit ihrem magischen Wagen, der so stark beschädigt wird, dass sie einige Zeit bleiben müssen. Wie gut, dass sich Adelaide Moonflower gerade in Elm verknallt hat, der zusammen mit seinem grumpy Freund Draven hilfreich zur Seite steht. Draven, Besitzer des örtlichen Inns und praktischerweise mächtiger Hexer, traut den Moonflowers nicht über den weg, er ist überzeugt, sie sind nur hinter Elms Geld her. Zudem gerät er ständig mit Elspeth aneinander, und er würde sich eher beide Beine abhacken als ihr zu helfen. Gleichzeitig muss er noch auf seine rebellische Schwester Georgie aufpassen, die ständig ausbüxt, und der kleine Drache Edward ist keine große Hilfe beim Babysitten.
Wie war’s?
Cozy wird in Potions and Prejudice groß geschrieben. Es ist Herbst, die Moonflowers halten sich während ihrer Zeit in Thistlegrove mit einem sehr erfolgreichen Suppenstand über Wasser, und sie leben in einer mürrischen Hütte im Wald, die jedem die Tür vor der Nase zuknallt, den sie nicht leiden kann (was so ziemlich jeder ist, auch die Bewohnerinnen). Das raschelnde, bunte Laub kommt genauso vor wie die kleinen Atemwölkchen und Schals.
Manche der Charaktere, vor allem die jüngeren Schwestern und die Mutter bleiben etwas schablonenartig, allerdings ist Mutter Moonflower das perfekte Abbild von Mrs. Bennet. Für 250 Seiten haben sie sich unter’m Strich alle wunderbar in die Story gefügt.
Etwas überrascht war ich vom Spice, ich hatte in der Beschreibung schlicht überlesen, dass das Buch nicht ganz jugendfrei ist. Gut, wer bin ich schon, etwas Fantasy Porn zu verachten, aber tatsächlich wollte ich einfach nur eine leichte, vor sich hin plätschernde Fantasy… Der Spice war aber tatsächlich okay und eher ein Addon. Das Buch hätte auch ganz fantastisch ohne den Sex funktioniert, was ein gutes Zeichen ist. Sex ist nicht der Haupttreiber der Geschichte, und es werden keine Plottwists bei der Zigarette danach besprochen.

Wermutstropfen Ende
Achtung, Spoiler Ahead. Klappe den Text nur auf, wenn du keine Probleme damit hast!
Ein großer Wermutstropfen ist das Ende. Es war dermaßen überstürzt, dass ich kaum mitgekommen bin. Erst fliehen die Bennets aus Angst vor Gefängnis und schlimmeren, kommen nach wenigen Kilometern doch zurück, und haben dann den ganzen Nachmittag Zeit zu vögeln, bevor die große Gefahr abgewendet ist? Also bitte, so groß kann die Angst vor dem Scheiterhaufen nicht sein, wenn es nicht nur beim Versöhnungsquickie bleibt. Das Ende, so süß es zum Teil auch war, hätte locker noch zwei, drei Kapitel vertragen können.
LGBTQ als Afterthought
Was mich allerdings auch gestört hat, war die homosexuelle Ehe eines Nebencharakters. Nicht, weil zwei Männer verheiratet waren, sondern weil sie wie Mittel zum Zweck wirkt: “Schaut, LGBTQ ist voll okay!”
Der Charakter kommt vielleicht vier mal vor, dreimal wird dabei erwähnt, dass er mit einem Mann verheiratet war, und seitdem er Witwer ist nur noch unzufrieden herumnörgelt. Das erste Problem dabei ist, dass man nicht mehr als diese zwei Dinge über den Charakter erfährt: er ist mürrisch und queer. Sexualität ist aber kein Charakterzug, und auch wenn sie zur Identität gehört, macht sie diese nicht aus.
Das zweite Problem ist, dass Queerness sonst nirgends eine Rolle spielt. Die Mutter der vier Schwestern spricht immer davon, dass sie sich einen Mann für ihre Töchter wünscht. Nicht eine Person oder Menschen, sondern immer einen Mann. Auch bei den Schwestern geht es immer nur um Männer. An sich völlig fein, aber diese so überdeutlich heteronormativ geprägte Liebesgeschichte lässt die homosexuelle Ehe des Nebencharakter wie einen nachträglichen Einfall gelten à la: “Oh, LGBTQ ist im Trend, welchen Charakter kann ich queer machen, ohne dass es wehtut und zuviel Arbeit mit sich bringt?”
Ich erwarte keine Armee an queeren Charakteren, aber dass die Mutter sich einfach eine Person wünschte, mit der ihre Töchter glücklich werden und vorzugsweise den Fluch brechen können, hätte schon viel geholfen. Dieses Pochen auf einen Typen und dass Queerness allgemein außer in den drei Sätzen zum Nebencharakter keine Rolle spielt, hinterlässt einen säuerlichen Nachgeschmack. Es bestätigt einen Punkt eines Artikels von mir, den ich vor über drei Jahren geschrieben habe:
Mein Problem ist, dass in den Büchern oft nur ein queerer Charakter vorkommt, bei einer Liebesgeschichte vielleicht noch ein zweiter. […] Das hinterlässt bei mir den Beigeschmack eines Exotischen.
In aller Deutlichkeit: Queerness ist kein Trend, und performative Repräsentation ist keine gute Repräsentation, sondern ein Schlag ins Gesicht.
Empfehlung für regnerische Herbsttage
Insgesamt ist Potions and Prejudice aber eine Empfehlung für die Herbsttage. Es ist leichte Wohlfühlunterhaltung, die man an einem stürmischen Sonntag durchsuchten kann, genau das, was man in dieser Jahreszeit zuweilen braucht.