[Rezension] Märchenschuber der Gebrüder Grimm

[Rezension] Märchenschuber der Gebrüder Grimm

wp-1480873154903.jpgTitel: Kinder- und Hausmärchen. Gesamtausgabe mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm
Autoren: Brüder Grimm
Verlag: Reclam
ISBN: 978-3-15-030048-0

Herzlichen Dank an den Reclam Verlag für die Bereitstellung des Schubers!

Der Froschkönig wird durch einen Kuss erlöst, Schneewittchens böse Stiefmutter wird aus dem Land gejagt und Aschenputtel reist in einer Kürbiskutsche… Moment, ich kenne das irgendwie anders. Kein Wunder, denn Märchen werden heutzutage oft geschönt und die Enden kinderfreundlicher gemacht, und manchmal hat auch Disney eine größere Auswirkung als man denken möchte.
Die Märchen, die von den Brüdern Grimm zusammengetragen wurden, waren ursprünglich nicht ausschließlich für Kinder gedacht, und unser heutiges Verständnis von Kindheit und kindgerechter Erziehung kam erst im 19. Jahrhundert auf. Es wundert dann vielleicht weniger, dass die Märchen weitgehend so aufgeschrieben wurden, wie sie tradiert wurden, und wenig zimperlich waren. Der Froschkönig wird erlöst, als die Königstochter ihn mit aller Macht gegen die Wand wirft; Schneewittchens Stiefmutter musste in glühenden Eisenschuhen tanzen, bis sie tot war; und die Kürbiskutschen-Version von Aschenputtel ist vor allem durch Disney bekannt geworden, geht aber auf die französische Version des Märchens von Charles Perrault zurück.(1) In der deutschen Version, die von den Brüdern Grimm aufgeschrieben wurde, tanzt Aschenputtel drei Nächte lang, und die Stiefschwestern verstümmeln sich am Ende des Märchens. Auch die Tauben spielen eine nicht unerhebliche Rolle.

wp-1480873182563.jpg “[Es] ist ein oft bewundertes, zuweilen gescholtenes, jedenfalls ganz unbezweifelbares Phänomen, das seinesgleich in der Weltliteratur sucht: Die bekanntesten Märchen der Grimmschen Märchen waren und sind vielen Menschen von frühester Kindheit an ein so selbstverständlicher Besitz wie die Atemluft, das tägliche Brot oder die Liebe der Eltern.” Nachwort, Band 3, S. 572

Wer nun die Grimmschen Märchen so lesen möchte, wie sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts veröffentlicht wurden und Einzug in die Kinderzimmer hielten, ist mit der wunderschönen Ausgabe aus dem Reclam Verlag bestens beraten. In den drei Hardcover-Bänden im Schuber finden sich neben den 200 Kinder- und Hausmärchen auch Kinderlegenden, der ursprüngliche Anhang sowie die Originalanmerkungen der Brüder. Es gibt zudem ein Verzeichnis aller Menschen, die zu den Sammlungen beigetragen haben, ein 20 Seiten umfassendes Literaturverzeichnis zur weiteren Recherche und ein wundervolles Nachwort.
Die Bücher beinhalten pure Information, Bilder findet man am Rande in Form von Radierungen, die die Brüder Grimm zeigen oder, wie zu Beginn von Band 2, die „Märchenfrau“. Allerdings brauchen diese Bücher keine Bilder. Zum einen dürften die Leserinnen und Leser durch Kindermärchenbücher, Filme und Hörspiele genügend aus ihrer eigenen Kindheit im Kopf haben. Zum anderen sind die Märchen in ihrer grimmschen Urfassung so dicht geschrieben, dass Bilder auch ablenken würden.

Für Kinder ist diese Ausgabe eher weniger geeignet, da sie Seiten dünn sind und nicht so robust wie in Märchenbuchausgaben, die speziell für die Dreikäsehochs gestaltet werden. Außerdem werden wohl vor allem Kinder den Mangel an Bildern bemängeln.
Für Erwachsene ist der Schuber jedoch großartig. Die äußere Gestaltung der Bücher ist pfiffig gemacht, denn wenn man die drei Bände nebeneinander legt, ergeben sie ein durchgängiges Bild. Im Schuber sieht die Reihe noch edler aus, und kann sowohl separat als Hingucker ins Regal gestellt, als auch in die eigene Märchenbuchsammlung eingereiht werden.

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Fun Fact: Mein Bruder, der Bücher meidet wie der Teufel das Weihwasser, will genau diese Märchenausgabe und keine andere zu Weihnachten haben. Und das, obwohl keine Bilder drin sind! Ich denke, einen besseren Hinweis, dass es ein wundervolles Weihnachtsgeschenk sein kann, gibt es nicht.

Fun Fact 2: Die Grimmschen Märchen, die ich diesen Monat einspreche, lese ich aus diesen Büchern vor.


(1) Danke an Eva, die mich auf den franz. Ursprung hinwies.

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18 thoughts on “[Rezension] Märchenschuber der Gebrüder Grimm

  1. Guten Morgen Mareike,
    ich habe zwar bereits einen Schuber voll wunderschöner Ausgaben der “Grimms Kinder- und Hausmärchen” (aus dem Eugen Diederichs Verlag), aber ich bin gerade wirklich versucht, mir die von dir hier vorgestellte auch noch zu kaufen. Die ist wirklich traumhaft schön. <3

    Ganz liebe Grüße
    Maike

    1. Hallo Maike,

      naja, Märchenbücher kann man nie genaug haben. Ich habe jetzt zwei Andersen Bücher, zwei mal Grimm (den Schuber und eine englische Ausgabe, weil ich den Illustrator so toll finde), zwei Märchensammlungen mit internationalen Märchen und Fabeln, Hauff, das alte Buch von meinem Opa, indische Mythen und Märchen…und noch viel mehr 😀 Sie sind alle etwas Besonderes…

      Cheerio
      Mareike

  2. Das ist so wunderschön, von außen wie wahrscheinlich inhaltlich.

    Aber du weißt schon, dass meine Wunschliste eh viel zu lang und mein Budget für Bücher begrenzt ist..? Solche Buchvorstellungen helfen mir da nicht unbedingt! 😉
    Danke trotzdem. Ich werde diese Ausgabe im Blick behalten.
    LG und ich bin gespannt, wie es mit den Märchen hier weiter geht.

    1. Hallo Henrike,

      welcome to my world 😀 Und hey, bald ist Weihnachten. Mist, ich habe ganz vergessen auf das Pries-Leistungsverhältnis einzugehen. Der kostet nämlich “nur” 30€, was ich dafür echt nicht viel finde…
      Freu dich mal auf die nächsten Buchvorstellungen, da kommen noch ein paar 😉

      Cheerio und komm gut in die Woche
      Mareike

      1. Hey, als ob ich neu in dieser Welt wäre! 😉 Dass dieser tolle Schuber nur 30€ kostet, habe ich längst gesehen. Hab doch die Reclam-Seite besucht, sobald ich den Link entdeckt hatte. Und nein, das ist wirklich nicht viel, was mein Problem nur verstärkt: Die Überlegung, sich dieses Werk anzuschaffen, ist dadurch nur umso ernsthafter geworden.
        Oh, du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich mich darauf freue. Hab schon meiner Schwester den Floh ins Ohr gesetzt, und die hält eigentlich nicht viel von Märchen (Weil die ihr zu gruselig sind. Komischer Mensch.)…
        Danke, das werde ich. Dir auch einen schönen Wochenstart.
        Henrike

  3. Oh mein gott ich will diesen Schuber haben *-* Ich LIEBE die originalen Märchen, einfach weil sie nicht so zimperlich und geschönt sind und ich bin wirklich sehr froh, dass meine Mama, meine Oma, mein Opa und meine Tante mir die richtigen vorgelesen haben und eben nicht die mit dem geküssten Frosch und der vertriebenen Stiefmutter.
    Und diese Ausgabe ist einfach.. wow.. muss ich mir genauer anschauen!

    Liebe Grüße!
    Anna

    1. Hallo Anna,
      mach das mal, ich feiere diese Ausgabe total!
      Und ich verdanke es wie du meinen Großeltern, dass mir die “richtigen” Märchen vorgelesen wurden, aber auch meine Eltern fanden das in Ordnung. Immerhin habe ich ihre alten Vinyl-Platten gehört, und da waren auch keine geschönten Enden drauf 😀

      Cheerio
      Mareike

  4. Tadaa! Endlich hat mich mein Vater – ähm, ich meine, der Weihnachtsmann erhört und mir diesen Schuber und keinen anderen unter den Weihnachtsbaum gelegt. Und er wurde sogar brav beim lokalen Sortimenter gekauft, nicht beim großen A.:)
    Danke also noch mal für diese tolle Empfehlung!

    Liebe Grüße,
    Henrike

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