[Rezension] Holly Bourne – Was ist schon normal?

[Rezension] Holly Bourne – Was ist schon normal?

Titel: Was ist schon normal? | Autorin: Holly Bourne | Übersetzerin: Nina Frey | Verlag: dtv

Triggerwarnung: Zwangsstörung

Worum geht’s?

Evie ist 18, leidet unter einer Zwangsstörung und kehrt nach einer längeren stationären Therapie wieder in die Schule zurück. Zum Glück ist sie jetzt auf dem College, was bedeutet, dass sich kaum noch jemand daran erinnert, wie sie “verrückt” geworden ist (Evies Worte). Ihre beste Freundin Jane klebt derzeit aber mehr an dem Gitarristen einer Metalband und versetzt sie ständig, und neue Freundinnen zu finden scheint Evie doch recht schwierig. Bis sie Lottie und Amber auf einer Party trifft – die datetechnisch mal völlig in die Hose geht. Zusammen mit ihren neuen Freundinnen meistert sie einige knifflige Situationen – nur von ihrer Zwangsstörung, davon dürfen Amber und Lottie nie erfahren, denn sonst werden sie bestimmt wieder gehen…

Wie war’s?

Mal ehrlich, kann man einem Idioten, der auf dem ersten Date eine andere vögelt, die Ausrede “ich bin sexsüchtig” durchgehen lassen? Warum ist es uncool, eine Beziehung haben zu wollen und warum muss man so tun, als hätte man keine Gefühle für den anderen Menschen? Wieso gibt es für Frauen so viele Abwertende Worte wie “Schlampe” und “Alte Jungfer”, für Männer aber keine Äquivalente? Und was zum Henker ist das Manic Pixie Dream Girl?!
Fragen über Fragen, die sich garantiert nicht nur die drei Mädels (1) im Buch stellen, sondern auch jede Menge andere Mädchen, 14 Jahre aufwärts. Was ist schon normal kommt wie ein x-beliebiger Teenie-Roman daher, bringt aber die geballte Ladung Feminismus mit und sensibilisiert nebenbei auch noch für Zwangsstörungen ohne gestelzt zu klingen.


Und das meine ich Ernst. Zitat gefällig?

“…Weil die Leute das Wort “Zwangsstörungen” benutzen, um ihre kleinen Schrullen zu beschreiben. “Ach, meine Stifte hab ich gern in Reih und Glied, ich bin ja so ein Zwangi!”
NEIN, BIST DU NICHT, VERFLUCHT NOCHMAL!
“Ich bin so launisch heute, total bipolar!”
SCHNAUZE, IGNORANTES ARSCHGESICHT, DU!

Es gibt Menschen, die sterben an bipolaren Störungen, klar? Sie werfen sich vor Züge und schlucken ganze Paracetamol-Packungen und hinterlassen ihren verzweifelten Familien Briefe, weil ihre brutalen Quälhirne sie keine fünf Minuten in Ruhe lassen und sie das Leben einfach nicht mehr ertragen.” (S. 90)

Ich kann Evie da nur zustimme! Ob nun Zwangs- oder andere psychische Störungen, sie sind nicht dazu da, deinen wie auch immer gearteten, meistens negativen Gemütszustand zu beschreiben. Wenn du heute ein bisschen traurig bist oder ruhiger oder nicht so vor Lebensfreude sprühst wie sonst, IST DAS NORMAL, ABER KEINE DEPRESSION! (2)

Witziger Weise meinte die Verantwortliche für die Bloggerrealtions beim dtv in Leipzig zu mir, das Buch sei nichts für mich, weil es ein Jugendbuch sei (und ich bekanntermaßen relativ wenig Jugendbücher lese). Anna, die direkt daneben stand, meinte wiederum, das Buch sei definitiv was für mich und ich solle es unbedingt lesen. Wer hatte nun Recht?
Beide!
Mir hat das Was ist schon normal wirklich gut gefallen, vor allem, weil Feminismus ziemlich cool eingeflochten und spannend erzählt wird. Ich habe dennoch gemerkt, dass ich letztlich nicht soo richtig mitfiebern konnte. Ob es an den Figuren oder dem Schreibstil lag, kann ich nicht sagen, aber da spielt eben doch mit rein, dass ich mich nicht mehr so für Jugendbücher erwärmen kann.

Trotzdem: Was ist schon normal ist ein tolles Jugendbuch, das ich am liebsten jedem Teenagermädchen in die Hand drücken möchte!

Weitere Rezensionen und Artikel

Anabelle von Stehlblüten
Anna von Ink of Books


(1) Evie, Lottie und Amber sind alle ca. 18 Jahre alt, also eher junge Frauen. Die Bezeichnung “Mädels” geht meiner Meinung nach für diese Altersklasse aber noch klar.
(2) Ich spreche aus Erfahrung, ich HABE nämlich Depressionen. Und Panikattacken. Und Flashbacks. Oh, und eine mehr oder weniger inaktive Essstörung auch. Also komm mir nicht mit “Ich habe zwei Tage fast nichts gegessen, ich glaube, ich bin magersüchtig” – bei der Hitze ist auch das völlig normal, und zwei Tage machen keine Essstörung. Sie machen nicht mal gestörtes Essverhalten!

Share

One thought on “[Rezension] Holly Bourne – Was ist schon normal?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert